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Die Bio-Zucker-Misere

Bio-Zucker aus österreichischer Landwirtschaft ist ein rarer Rohstoff!

Bei uns wird nur die Zuckerrübe zur Gewinnung angebaut. Alle anderen Zuckerpflanzen, gedeihen in unserem Klima (noch) nicht. Das wäre an sich nicht so schlimm, nur ist die Verarbeitung dieser Rüben zu Zucker ein recht aufwändiger Vorgang, der eine mächtige Produktionsstätte benötigt. 

Diese Produktionsstätten wurden in den letzten 100 Jahren in Österreich aufgebaut und schließlich in die jetzige Agrana AG übergeführt. Diese gehört mehrheitlich der Raiffeisen-Gesellschaft mit strategischer Beteiligung der deutschen Südzucker AG und ein paar kosmetisch verteilten Aktien, die von der Zuckerbauernvereinigung gehalten werden. Einen Mitbewerber bzw. eine zweite Firma gibt es schlicht nicht! Wie bei solchen trägen Kolossen gewohnt, hat man firmenpolitisch am Markt viel falsch gemacht. Als dann schließlich mit der EU die schützende staatliche Hand ihr Füllhorn einstellen musste, war man hilf- und ahnungslos den Gesetzen der Wirtschaft ausgeliefert und so ist man in die Finanzspekulationen der Weltmärkte geraten. Der Zuckerpreis ist am Boden und die entsprechende Geschäftssparte fährt Riesenverluste ein, die von den anderen Aktivitäten (Frucht, Stärke) aufgefangen werden müssen. Bei diesen Preisen und der Möglichkeit, dass die Agrana mit eigenem "Fremdgeld" jederzeit einen Mitbewerber aushungern kann, hat natürlich niemand Ambitionen in diesen Markt einzusteigen. Jeder der nun glaubt, die Agrana würde in einem steigenden Bio-Markt diese Alleinstellung geschickt ausnützen, um hier bessere Gewinne zu lukrieren und vielleicht auch den Biorübenbauern einmal etwas mehr Geld zu zahlen, irrt. Es herrschen chaotische Marktgesetze. Die Raiffeisen pocht auf billige Preise, ihr Geschäft, der Handel will auch ein Stück vom Kuchen und der Biobauer darf zuschauen. Trotz dieser Umstände ist es nicht leicht zu verlieren, steht man doch bei der Agrana einer gewissen Monopolstellung gegenüber. Allen Unkenrufen zum Trotz waren die Gewinne berauschend. Siehe ORF-Bericht.

 

Sollten Sie jetzt denken, die Agrana hätte in eine Stärkung Ihrer Position des Biozuckergeschäfts investiert oder vielleicht gar den Biobauern unter die Arme gegriffen, dann irren Sie sich gewaltig. Da beschäftigt man lieber Marketingagenturen und lässt um viel Geld die Zuckerpackerl mit neuen "Kinderfiguren" verzieren. In Kürze werden Sie diese bewundern können.

 

Nun hat man das Spiel so weit getrieben, dass es sogar teilweise unmöglich ist, den benötigten Rohstoff zu bekommen. Das wäre ja nicht weiter so schlimm, denn andere Länder haben da schon umsichtiger vorgesorgt und Bio-Zucker in hervorragender Qualität ist in Mengen erhältlich. Einzig schreibt die Bio-Verordnung vor, wenn ein Produkt als "aus österreichischer Landwirtschaft" gekennzeichnet wird, 98% der Rohstoffe auch aus Österreich stammen müssen. Da gibt sich nun ein Biobauer Mühe und baut seine Himbeeren oder Gurken in hochwertigster Bio-Qualität an und wenn er sie dann zu Marmelade oder Essiggurken verarbeiten will, bekommt er keinen österreichischen Bio-Zucker und muss daher "EU/nicht EU-Landwirtschaft" auf das Etikett schreiben. Eine hausgemachte Unfairness, verschuldet durch eine Misswirtschaft und deren Manager.

Die Bio-Kontrollstellen werden da nun bald engreifen und diesen Nachteil beseitigen, indem man den Bio-Zucker wohl aus der Länderbeschränkung ausnehmen wird. Ein fairer Zug gegenüber den Biobauern, um sie vor der Unfähigkeit der Agrana zu schützen, aber auch ein nicht ganz ungefährlicher. Man muss Sorge tragen, dass nun nicht billiger Zucker aus anderen Kontinenten, als "Bio-Zucker" einschleicht. Wir appelieren da an die Verantwortlichen aufzupassen. Ein recht einfacher Lösungsansatz wäre es, die Länderangabe in der Zutatenliste aufzuführen. Inhalt: österreichische Himbeeren* (70%), Zucker* (aus DE 30%), *aus biologischer Landwirtschaft...

So ausgezeichnet wäre das transparent und man würde sehen, dass der Hauptbestandteil - die Frucht - aus österreichischer Bio-Landwirtschaft kommt. Somit wäre eine Kennezeichnung "aus österreichischer LW" vollkommen ok.

 

Ein ähnliches Problem gibt es auch bei Einlegeessig für Essiggemüse. Dort gibt es eben einen Mangel an Bio-Ethanol, der notwendig ist, um Weingeistessig (Branntweinessig) zu erzeugen. Wie der Zucker, ist aber auch dieser für das Gesamtprodukt nur marginal wichtig. Wenn die Gurken und anderen Bestandteile aus Österreich sind, wäre auch hier eine Kennzeichnung mit Länderzusatz ohne Probleme möglich.

Da der genaue Zeitpunkt dieser Umstellung noch nicht klar ist, haben wir mit unseren Partnern aus der Landwirtschaft vereinbart, dass wir gesetzeskonform unter das Logo "EU/nicht EU-Landwirtschaft" schreiben, aber einen Hinweis auf diesen Blogartikel einfügen. Auch wenn es in der Verordnung nicht vorgesehen ist, werden wir beim Hauptbestandteil die Deklaration "Österreich" mitführen, damit dem Konsumenten klar ist, dass dieser auch aus heimischer Bio-Landwirtschaft stammt. So ist dem derzeitigen Gesetzen genüge getan und der Kunde fair informiert.

 

Wir hoffen, dass in diesem Zusammenhang auch die Agrana und die Essigerzeuger ihre Hausaufgaben machen und diese unbefriedigende Situation wieder aus der Welt schaffen. 

 

Nachtrag 28.10.2018:

Leider Bewahrheiten sich unsere Befürchtungen schon schneller als erwartet. Die Rübenbauern fordern wieder die Einführung von Chemie im Pflanzenschutz. Leser unseres Blogs wissen aber, es geht nicht um den Rüsselkäfer....
Den Artikel finden Sie in den Zeitungen oder auch zentral bei der APA: ruebenbau-notfallzulassung-fuer-wirksame-pflanzenschutzmittel-dringend-notwendig 

Nachtrag 4.11.2018

 

...und weiter geht der Wahnsinn!Heute im Kurier. Wie sollen die Rübenbauern überleben, wenn ein Kilo Zucker gerade einmal 53 cent netto kostet. Abzüglich 30-40% Handelsspanne bleiben ca. 40 cent. Verpackt muss er werden und raffiniert auch. Nicht zu vergessen die Werbeagenturkosten für das neue Keksbild auf der Verpackung....Nach der Dürre, dem Rüsselkäfer und den EU-Preisen kommt nun der neue Feind - Der Supermarkt. Nun liegt er im Regal und wartet auf den, der den ganzen Wahnsinn finanziert - Der Konsument!....MMMHH, Keksduft....

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Kommentare: 2
  • #1

    Irmgard S. (Samstag, 03 November 2018 09:22)

    Wie immer, Unfähigkeit auf ganzer Linie und ausbaden müssen es die Kleinsten. Und den Bauern, die immer wieder die Zulassung diverser Gifte fordern, gehört dringendend eine Nachschulung bezüglich ökologischer Zusammenhänge verpasst. Es kann doch nicht sein, dass ein Bauer meint, er könne seine Produktionsgrundlagen und unsere Lebensgrundlagen vergiften und das alles hätte keinerlei Konsequenzen.

  • #2

    BioBär (Samstag, 03 November 2018 23:47)

    Da muss ich jetzt die Bauern ein wenig in Schutz nehmen. Schuld ist die Industrie und der Handel. Von den Landwirten erwartet man, dass sie abliefern. Wenn man ihnen faire Preise für Bio-rüben bezahlt, wären sie die ersten, die umstellen. Bei den jetzigen Preisen bleibt aber nur die Ausbeutung des Bodens über. Bedenklich ist die Entwicklung aber allemal. Da stimme ich Fr. Irmgard zu.